Sonntag, 25. Mai 2008

Heute

Nun muss ich doch glatt noch was schreiben.

Ich bin erstaunt, Wie ihr wisst wohne ich mehr oder weniger in einer Hochhaussiedlung. Die Jugendlichen hier sehen ihren Stadtteil als Ghetto. Müll, Chaos und Gangs sind ihr Ding. Aber irgendwas ist anders. Deswegen muss ich mich doch glatt fragen:


Ist mein Leben langweilig geworden? Nein, nur anders. Ruhiger, entspannter. Kein ständiges Chaos. Ich habe im Moment mehr Freizeit. Letztes Wochenende bin zum ersten Mal, seit ich in Hamburg bin, mit der Kamera durch meinen Stadtteil gewandert. Ich wohne in einer Betonsiedlung. Also rundherum alles aus Stein, Beton – sogar der Blick zum Himmel. So kommt es mir jedenfalls ab und an vor.

Mit Fototouren ist das ja so eine Sache. Was genau man fotografieren will, weiß man erst, wenn man es sieht. Also bin ich einfach losgegangen. Keine Viertelstunde von meinem Hochhaus-Jungle entfernt fand ich eine kleine grüne Oase. Ach, was sage ich: ein kleines Paradies für norddeutsche Landeier wie mich! Okay, es war ziemlich verdreckt. Aber eine grüne Wiese bleibt auch dann noch grün, wenn Müll rumliegt und sich grillende Großfamilien hier tummeln.

Das Schönste aber war für mich, dass an die Wiese ein See angrenzt. Und dort bot sich mir mehr als ein Fotomotiv: Wer mich kennt, der weiß, dass ich auf vieles verzichten kann, nur nicht auf dieses kühle Nass. Es war himmlisch! Ich war für ein paar Minuten wunschlos glücklich!

Ich lief um den See. Nein, ich schlich. Einige Läufer überrundeten mich vier Mal, so langsam war ich. Glaub’ mir, es war einfach toll, traumhaft. Natur pur halt, mit allem was dazugehört (auch kleinen lästigen Fliegen). Vielleicht kennst du den Geruch, wenn es nach Gewitter und Regen, nasser Erde und Pflanzen riecht. Es roch so! Obwohl es gar nicht regnete!

Es ist wie eine Art Auszeit. Auszeit aus dem Chaos, in dem ich oft lebe (meist eigenproduziert), Auszeit aus dem Stress, der dadurch entsteht, und eine Auszeit von Regeln, denen ich unterliege, wie zum Beispiel Bus- und Bahnfahrzeiten.

Doch vor allem ist diese Zeit eine Vorbereitung auf all das, was kommen mag. Ein Kräftesammeln sozusagen. So eine Auszeit ist nötig, denn auch ich kann nicht ununterbrochen arbeiten oder für andere da sein. Ich brauche Zeit für mich, so wie dort am See.

Nicht immer aber ist Wasser in der Nähe, wenn es mir mal schlecht geht, und nicht immer habe ich Zeit, spazieren zu gehen. Auch Menschen, mit denen ich reden könnte, sind nicht immer in der Nähe. Deswegen will Gott für mich genau solch ein Zufluchtsort und Ansprechpartner sein.

In Matthäus 11,28 heißt es: „Kommt her zu mir, alle, die ihr mühselig und beladen seid; ich will euch erquicken.“ – Alle, die zuviel haben von dem Chaos um sich herum, von Regeln und auferlegten Zwängen, sollen – nein: dürfen! – zu ihm kommen und sich neu erquicken lassen. Jesus will mir neue Kraft geben. Er will, dass ich mich frei fühlen kann.

Natürlich bleiben die Gesetze und Regeln. Aber mein Umgang damit ändert sich. Denn es ist ein Unterschied, ob ich diese Regeln als Zwang verstehe oder aber als Schutz. Wie einen abgesteckten Bereich, in dem ich frei schwimmen kann, ohne dass etwas passiert und ich ertrinke. Ich erkenne plötzlich den Sinn von Ampelschaltungen: Dank der Ampel passiert mir auf der Kreuzung nichts. Vorher dachte ich nur: Mist, die Dinger sind immer dann rot, wenn ich komme. Jetzt sehe ich das Gute. Anhalten muss ich deshalb zwar trotzdem noch, aber das Leben ist eben nie ganz perfekt.

Aber so ist das wohl mit uns Menschen: Wir wünschen uns fast immer das Paradies auf Erden. Doch bräuchten wir dann noch einen Himmel, wenn schon hier auf dieser Welt alles perfekt wäre?

Also ich meine wohl. Hamstersongs sind toll aber nichts gegen Natur pur.

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